Friedrich Carl Andreas (1846–1930) war ein deutscher Orientalist, der als Sohn eines Militärarztes im Exil in Niederländisch-Indien geboren wurde und in Deutschland und der Schweiz aufwuchs. Früh machte sich sein sprachliches Talent bemerkbar und Andreas promovierte nach seinem Studium der Orientalistik an verschiedenen deutschen Universitäten in „mittelpersische[r] Sprache und Schrift“. Seine Expertise umfasste verschiedene Sprachen und Dialekte des persischen Raums, so beispielsweise Afghanisch, Belutschisch, Ossetisch, Kurdisch und viele mehr. Ab 1874 hielt er sich nach einer Expedition insgesamt acht Jahre in Persien auf. Zurück in Deutschland hatte Andreas jedoch Schwierigkeiten, akademischen Anschluss zu finden. Ab 1887 lehrte er die türkische und persische Sprache am neu gegründeten Seminar für Orientalische Sprachen der Universität Berlin. Diese Position durfte er aufgrund von Unstimmigkeiten nur vier Jahre lang innehaben. Erst 1903 konnte Andreas, nach einigen finanziellen Engpässen, wieder sicheren Fuß als Akademiker fassen: die Universität Göttingen hatte in dieser Zeit erstmals einen Lehrstuhl für Westasiatische Sprachen eingerichtet, welchen Andreas besetzen sollte. In dieser Zeit leistete er durch das Entziffern der sogenannten „Turfanfragmente“, auf die deutsche Kolonialisten in Zentralasien gestoßen waren, einen entscheidenden Beitrag für die Forschung. Mit der Entzifferung von Handschriften hatte er bereits während seiner Promotion Erfahrungen sammeln können. Während des Ersten Weltkriegs erforschte Andreas zudem die Sprachen von Kriegsgefangenen aus den gegnerischen Kolonien. Wissenschaftler wie Andreas wussten den Krieg, den Kolonialismus und die damit einhergehende Zwangslage dieser Gefangenen geschickt für ihre Forschungszwecke zu nutzen: Ihnen ausgeliefert blieb den gefangenen Soldaten wohl kaum eine andere Möglichkeit, als mit diesen zu kooperieren.

Seine Forschungserkenntnisse pflegte Andreas Zeit seines Lebens von Angesicht zu Angesicht zu überliefern, auf Publikationen verstand er sich weniger.

 

Von Larissa Goltz

 

 

Friedrich Carl Andreas in den 1920er Jahren.[Abb.1]

 

 

 

Literaturhinweise

Jonathan Groß, Ein säumiger Autor und ein geplagter Editor. Die Korrespondenz zwischen Friedrich Carl Andreas und Georg Wissowa aus der Frühzeit der RE, in: Jahresheft des Vereins der ‚Göttinger Freunde der antiken Literatur‘ (2010) H. 9, 10–20.

Enno Littmann, Andreas. Friedrich Carl, in: Historische Kommision bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hg.), Neue Deutsche Biographie (NBD), 26 Bde., Berlin 1953, Bd. 1, 284.


Abbildung

[Abb.1] Online unter: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friedrich_Carl_Andreas.jpg (Letzter Zugriff: 17.03.2020). Trotz intensiver Bemühungen konnte kein/e UrheberIn ermittelt werden, eventuelle RechteinhaberInnen bitten wir um Benachrichtigung.

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